„O, wie bitter ist das Wandern,
Wenn die Seele rückwärts zieht,
Und ein liebes Auge lange
Weinend noch herüber sieht.“

Luise Hensel

WortOrt „St. Vincenz-Hospital“

Kampstraße 13 – 15 | 59227 Ahlen

Lage:
Innenstadt

1842 hatte die Preußische Gesetzgebung die Gemeinden zur Krankenpflege Armer verpflichtet. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, waren die Städte und Gemeinden auf wohlhabende BürgerInnen und potente StifterInnen angewiesen. In Ahlen gründete sich 1848 auf Initiative des Vikars Broschard von der Alten Kirche der Vinzenz-Verein, „der es sich zur Haupt-aufgabe stellte, durch Gebet, Almosen und anderweitige Hilfe ein Krankenhaus zu gründen, worin arme Kranke Linderung und liebevolle Pflege finden möchten.“ Es entstand das Ahlener Vincenz-Hospital, 1863 wurde der Neubau, 1864 die Kapelle des Krankenhauses eingeweiht. 25 Schwestern vom Orden des hl. Franziskus waren zu dieser Zeit mit der Versorgung und stationären Pflege der Kranken beschäftigt. Die meisten Kranken in diesen Häusern waren völlig mittellos und ihre Zahl wuchs. Im Oktober 1872 reiste auch die verarmte und leidende 74jährige Dichterin Luise Hensel (1798-1876) mit der neuen Köln-Mindener-Eisenbahn von Wiedenbrück nach Ahlen, um für den Lebensabend Wohnung und Betreuung bei den Franziskanerinnen zu finden. Sie, die so genannte katholische Dichterin, war selbst am Aufbau verschiedener weiblicher karitativer Orden beteiligt und häufig auch als Krankenpflegerin aktiv.

Am 23. Oktober 1872 schrieb sie dem Münsteraner Philosophen Christoph Bernhard Schlüter aus Ahlen: Werter Freund! Ihr lieber Brief vom 10. d. M. ward mir hier nachgeschickt, wo ich seit dem 4. Oktober bei den guten Barmh. Schwestern zwei helle, luftige Zimmer bewohne, die mir die Aussicht auf Gärten und Felder gewähren. Ich habe schon mehrmals wundervolle Abendröten gesehen; ich habe die West-seite in beiden Stuben, was mir lieb ist. Vom Sonnenaufgang habe ich aber auch meinen Teil, indem ich dann die Bäume der Gärten und Baumgruppen hinter denselben vom reinsten Goldgelb bis zum flammenden Rot beleuchtet sehe, freilich nur, wenn wir keinen Regentag haben, wie heut.
Doch ihre Hoffnungen, hier eine endgültige Bleibe zu finden, zerschlugen sich: Ich muss das letzte Fünkchen Kraft sparen, um, – wenn möglich, noch die Übersiedlung nach Pader-born machen zu können, weil ich dort ruhiger und in guter geistlicher Pflege würde sterben können, und mein Nachlass – Bücher, Bilder, Reliquien besonders – wäre an Ort und Stelle und nicht in Gefahr, ihrer Bestimmung entfremdet zu werden. Die guten, braven Schwestern hier würden sich damit nicht zu helfen wissen, und es würde alles wahrscheinlich von meinen lieben, aber leider nicht katholischen Verwandten ganz nutzlos nur als Andenken bewahrt werden
Heute ist das St. Vinzenz Am Stadtpark in Trägerschaft der St. Vincenz-Gesellschaft eine Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderungen.
Das Abendgebet ist wohl das bekannteste ihrer Gedichte und Lieder; es entstand bereits 1816:

 

Müde bin ich, geh zur Ruh‘,
schließe beide Äuglein zu
Vater, lass die Augen dein
über meinem Bette sein.
Hab‘ ich Unrecht heut getan,
sieh es, lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad‘ und Jesu Blut
macht ja allen Schaden gut.
Alle, die mir sind verwandt,
Gott, lass ruhn in deiner Hand!
Alle Menschen, groß und klein,
sollen dir befohlen sein.
Kranken Herzen sende Ruh‘,
nasse Augen schließe zu!
Lass den Mond am Himmel stehn
und die stille Welt besehn!

Luise Hensel