„Müde bin ich, geh zur Ruh‘,
schließe beide Äuglein zu:
Vater, lass die Augen dein
über meinem Bette sein.“

Luise Hensel

Luise Hensel

* 30. März 1798 in Linum (Brandenburg)
† 18. Dezember 1876 in Paderborn

Luise Hensel wird als protestantische Pfarrerstochter am 30. März 1798 in Linum (Brandenburg) geboren. 1809 nach dem frühen Tod des Vaters verlässt sie mit ihrer Mutter, dem Bruder Wilhelm und der Schwester Wilhelmine das preußisch-pietistische Elternhaus und zieht nach Berlin. Die Familie ist arm, der begabte Bruder Wilhelm verdient mit Zeichnungen und Radierungen einen Teil des Familienunterhalts, die fünfzehnjährige Luise mit Näharbeiten. Dank ihres immer erfolgreicheren Bruders erschließt sich auch für Luise die bürgerliche Gesellschaft Berlins, sie wird im Zuge der neuen romantischen Bewegung Teil der „Freundschaftskreise“, an denen auch Frauen partizipieren. Ihre Freundin Hedwig von Stägemann macht sie mit Clemens Brentano bekannt. Er verliebt sich in sie, wird aber abgewiesen, so wie sie noch andere abweisen und sich für ein keusches Leben entscheiden wird. 1818 tritt sie zum katholischen Glauben über und verläßt Berlin, um auf Vermittlung von Brentano im katholischen Zentrum Münster eine geistige Heimat zu finden. Hier begegnet sie auch ihrem zukünftigen Mentor Christoph Bernhard Schlüter und ihrem Seelenführer Bernhard Overberg. Luise Hensel arbeitet vor allem als Gesellschafterin, Erzieherin und Lehrerin. Ihr weiteres Leben ist von karitativer Arbeit bestimmt. Ruhelos eilt sie von Aufgabe zu Aufgabe.

Lange trägt sie sich auch mit dem Gedanken, in einen Orden einzutreten oder selbst ein Kloster zu gründen. Gemeinsam mit ihrer Lebensfreundin Apollonia Diepenbrock besucht sie mehrmals die stigmatisierte Ordensschwester Anna Katharina Emmerick in Dülmen. Einige ihrer ehemaligen Schülerinnen werden Ordensgründerinnen. Neben Berlin, Köln und Düsseldorf hält Luise Hensel sich auch häufig in Westfalen auf, so in Ahlen, Dülmen, Warendorf, Wiedenbrück und Paderborn. Mehr als zwanzig Jahre lebt sie in Wiedenbrück. Von ihrem Bruder, dem Kunstmaler Wilhelm Hensel, wird sie finanziell unterstützt. Ihren Lebensabend verbringt sie schließlich nach dem Intermezzo in Ahlen in der Obhut ihrer ehemaligen Schülerin und Klostergründerin Pauline von Mallinckrodt in Paderborn.
Neben umfangreicher Korrespondenz hinterlässt Luise Hensel ein schmales lyrisches Werk. Die Literaturgeschichte würdigt sie als bedeutende religiöse Dichterin.

 

Bildnchweis: Luise Hensel, Zeichnung Wilhelm Hensel 1828
© Kupferstichkabinett Berlin

Scheidegruß

O, wie bitter ist das Wandern,
Wenn die Seele rückwärts zieht,
Und ein liebes Auge lange
Weinend noch herüber sieht.
Und ein Tüchlein flattert ferne,
Bis dich birgt des Waldes Saum;
Siehst es winken, siehst es blinken,
Wehen noch durch deinen Traum.
Ach, die Sonne scheint dir trübe,
Und dich freut kein Lerchenlied –
Bitter, bitter ist das Wandern,
Wenn die Seele rückwärts zieht.

Luise Hensel, 1856

Literatur-Tipps:

Freund, Winfried, Müde bin ich, geh zur Ruh. Leben und Werk der Luise Hensel, Wiedenbrück 1984.

Köhler, Oskar, Müde bin, ich geh zur Ruh. Die hell-dunkle Lebensgeschichte Luise Hensels, Paderborn 1990.

Stambolis, Barbara, Luise Hensel (1798-1870) Frauenleben in historischen Umbruchzeiten, Köln 1999.